Familie Stillschweig

Audio: Familie Stillschweig

Die Geschichte der Kaufmannsfamilie Stillschweig in Heide begann im Jahre 1888 damit, dass Samuel Stillschweig sich im Alter von 36 Jahren in der Friedrichstraße niederließ. Kurz darauf gab er sich mit seiner Verlobten Auguste Marcus das Ja-Wort und die beiden eröffneten ein Textilgeschäft. Dieses führten sie bis 1935 erfolgreich und besonders die unter- und mittelständischen Bürger tätigten dort, aufgrund der niedrigen Preise, ihre Einkäufe.

Auguste Stillschweig starb schon 1924 an einem Herzleiden im Alter von 55 Jahren, hinterließ dennoch vier Kinder, Frieda, Martha, Gertrud und Dagobert. Durch den frühen Tod seiner Frau und erneut nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten veränderte sich das Leben Samuel Stillschweigs gravierend: Die Gesetze, die die Nazis gegen jüdische Geschäftsleute im ganzen Reich verhängten, wirkten sich auch auf das Geschäft der Familie Stillschweig aus.

Stolperstein: David Stillschweig

Auch wenn es zunächst noch nicht gesetzlich strafbar war, bei jüdischen Ladenbesitzern zu kaufen, wurden die Bürger, die dies taten, öffentlich gedemütigt und genötigt, es zu unterlassen. „Wer beim Juden kauft, ist ein Verräter“ ist nur ein Beispiel der perversen Sprüche, die an den Geschäften zu sehen waren. Trotz der Diskriminierung spendete Familienoberhaupt Samuel Stillschweig 1933 noch für das Heider Kindervogelschießen, im Jahr 1935 verstarb der Geschäftsmann dann allerdings im Alter von 73 Jahren, sodass er dem noch bevorstehenden Massenmord an seinem Volk entging. Er wurde auf dem Judenfriedhof in Friedrichstadt beigesetzt, neben seiner 11 Jahre zuvor verstorbenen Frau. Die Zeitungen veröffentlichten nach seinem Tod die Anzeige: „Der einzige Jude, der hier noch ein Geschäft betrieb, Stillschweig in der Friedrichstraße, ist gestorben. Seine Leiche wurde zum Judenfriedhof nach Friedrichstadt gebracht.“

Stolperstein: Frieda Alexander geb. Stillschweig

Zu diesem Zeitpunkt lebten die Kinder der beiden Stillschweigs bereits nicht mehr in Heide. Allerdings gelang es keinem der Vier dem Genozid, der an dem jüdischen Volk vollstreckt wurde, zu entfliehen. Sie wurden alle 1943 bzw. 1944 nach Auschwitz deportiert und dort auch vergast. Als erstes fiel der 1896 geborene Dagobert der Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten zum Opfer. Nachdem er in Berlin Ausbildungen zum Kaufmann und Kürschner abgeschlossen hatte, siedelte er nach Paris über und wurde am 11.2.1943 im Konzentrationslager Auschwitz ermordet.

Stolperstein: Martha Stillschweig

Auch seiner älteren Schwester Frieda erging es nicht anders. Sie besuchte ab 1906 ein Gymnasium in Berlin und studierte anschließend Medizin, um bis 1938 als Nervenärztin praktizieren zu können. Später wurde ihr die Berufsausübung aufgrund ihrer jüdischen Herkunft verboten. Für kurze Zeit war es ihr erlaubt jüdische Patienten zu behandeln bevor sie am 12.3.1942 zusammen mit ihrem Sohn Wolfgang Alexander nach Auschwitz deportiert und dort vergast wurde.

Stolperstein: Gertrude Stillschweig

Die zweitälteste Tochter von Samuel und Auguste Stillschweig, Martha, schlug einen ähnlichen Lebensweg wie ihre Schwester Frieda ein. Auch sie studierte Medizin nach einem Besuch des Gymnasiums und arbeitete in der Praxis von Frieda Stillschweig mit. Zusammen mit ihrer jüngsten Schwester Gertrud, die 1907 geboren wurde, wurde sie am14.10.1944 ermordet.

Obwohl Gertrud mit dem gleichen Transport wie Martha deportiert wurde, hatte sie einen gänzlich anderen Lebensweg aufzuweisen. Sie verblieb über den Tod ihres Vaters hinaus in Heide und verkaufte das Haus in der Friedrichstraße erst 1937. Danach arbeitete sie im israelischen Krankenhaus in Hamburg bis zur Deportation nach Auschwitz.

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